Gamification – spielerisches Lernen
mit digitalen Medien

12.02.2025 13:14 | Linda Schenker

Gamification über digitale Medien bietet viele Möglichkeiten, um im Schulunterricht spielerisches Lernen zu etablieren. Der Einsatz spieltypischer Elemente wie Punkte, Ranglisten und Challenges können helfen, die Motivation und die Spannung bei der Vermittlung von Lerninhalten zu steigern. Wir werfen einen Blick auf den Grund für das Spielen, den Begriff Gamification und auf Statistiken zum Spielverhalten von Lernenden. Anschliessend zeigen wir auf, wie Lehrpersonen Gamification konkret im Unterricht anwenden können. 

Warum Menschen jeden Alters spielen

Junge spielt Piano auf iPad in der Schule

Auf dem iPad lässt sich das Musizieren spielerisch lernen. (Foto: Apple)

Spielen liegt tief verwurzelt in der Natur des Menschen. Es beeinflusst die Entwicklung des Gehirns vom Kleinkindalter an, denn es fördert kognitive, emotionale und soziale Kompetenzen. Studien belegen, dass Kinder und Erwachsene durch das Spielen die Merkfähigkeit verbessern, Strategien zur Problemlösung entwickeln und neue Perspektiven einnehmen können. Der Grund dafür ist unter anderem, dass im Spiel ein sicherer Rahmen entsteht, der es erlaubt, Fehler zu machen und daraus zu lernen, ohne dass negative Konsequenzen drohen.

 

Der Philosoph Christoph Quarch (Autor des Buches «Rettet das Spiel!») beschreibt das Spielen als eine Handlung, die den Sinn in sich selbst trägt. Es geht nicht darum, ein Ziel zu erreichen, sondern um die Freude an der Aktivität an sich. In dieser Beschreibung des Spiels sind sich Quarch und der Kulturhistoriker Johan Huizinga (Autor des Buches «Homo Ludens») einig.

“Spiel ist eine freiwillige Handlung oder Beschäftigung, die innerhalb gewisser festgelegter Grenzen von Zeit und Raum nach freiwillig angenommenen, aber unbedingt bindenden Regeln verrichtet wird, ihr Ziel in sich selber hat und begleitet wird von einem Gefühl der Spannung und Freude und einem Bewusstsein des ‚Andersseins‘ als das ‚gewöhnliche Leben‘.“
Johan Huizinga

Gaming in der Lebenswelt von Jugendlichen

Gaming steht ganz weit oben auf der Rangliste der beliebtesten Freizeitbeschäftigungen bei Jugendlichen im Alter von zwölf bis 19 Jahren. Dies belegt die JIM-Studie 2024, durchgeführt vom Medienpädagogischen Forschungsverbund Südwest. Gemäss dieser Erhebung nutzen Lernende täglich durchschnittlich während 91 Minuten Spielesoftware. Dabei liegt die Spieldauer der Jungen im Schnitt bei 114 Minuten und die der Mädchen bei 66 Minuten. Das beliebteste Medium sind Smartphones und Tablets, gefolgt von Spielkonsolen und PCs. Nur sechs Prozent der Befragten geben an, sich gar nie in digitale Spiele zu vertiefen. Die aktuellen Erhebungen zeigen also deutlich, dass Gaming ein zentraler Bestandteil der heutigen Jugendkultur bildet. 

Zwei Jungen lernen spielerisch Filmen

Beim spielerischen Lernen dürfen die Lernenden kreativ sein. (Foto: Apple)

Definition und Sinnhaftigkeit von Gamification 

Eingedeutscht vom Englischen bedeutet Gamification soviel wie Spielifizierung. Gemeint ist damit die Übertragung von Elementen aus Spielen in Kontexte, die ursprünglich nicht spielerisch sind. Das Ziel dabei ist es, Menschen zum Lösen von Aufgaben zu motivieren. Untersuchungen haben ergeben, dass eine markante Motivationssteigerung erzielt werden konnte durch die Verbindung der Lernerfahrung mit einem Spiel. Dies traf insbesondere bei Aufgaben zu, die als herausfordernd, monoton oder komplex wahrgenommen wurden. Im schulischen Kontext können diese Ansätze also helfen, Lerninhalte auf unterhaltsame Weise und mit Spannung zu vermitteln.


Ziele von Gamification im Unterricht

Spielerisches Lernen schafft eine abwechslungsreiche Lernumgebung, denn unvorhersehbare Ausgänge erzeugen Spannung, der Wettbewerb innerhalb der Klasse fördert die Motivation und direktes Feedback beeinflussen das Kompetenzgefühl positiv.  Gamification verfolgt also gleich mehrere Ziele:

  • Motivation fördern: Spielerische Elemente können die Lust am Lernen und die aktive Teilnahme am Unterricht steigern.
  • Fokussierung auf Aufgaben: Spiele können Lernende in ihren Bann ziehen und dadurch den Fokus beim Lösen von Aufgaben fördern.
  • Lernerfolge steigern: Studien zeigen, dass gamifizierte Ansätze den Lernerfolg nachhaltig positiv beeinflussen können.
  • Teamgeist und Wettbewerb: Sowohl kooperative als auch kompetitive Ansätze können soziale Fähigkeiten stärken.
  • Komplexität reduzieren: Mit erzählerischen Ansätzen und klar strukturierten Herausforderungen können auch anspruchsvolle Inhalte leichter verständlich gemacht werden.
  • Neugierde und Fantasie wecken: Beim Spielen können Lernende in andere Welten eintauchen, kreative Lösungswege finden und sich mit Neuem identifizieren.
Gamification beim Videodreh mit digitalen Medien

Lernende schlüpfen in eine Rolle vor der Kamera. (Foto: Apple)

Methodische Formen von Gamification

Bei der Umsetzung von Gamification im Schulunterricht kommen verschiedene Methoden zum Einsatz. Zu den zentralen Spielelementen zählen:

  • Storytelling: Geschichten dienen als Konzepte, in denen die Lernenden in die Rollen von Avataren und Protagonist:innen schlüpfen. Dabei rückt die Story in den Vordergrund und die Lerninhalte in den Hintergrund, was die Motivation fördern soll.
  • Badges: Erfolgreich gelöste Aufgaben werden durch Abzeichen belohnt, mit dem Ziel, durch die Rückmeldung ein Gefühl von Kompetenz zu vermitteln.
  • Challenges: Bieten den Lernenden Herausforderungen mit der Möglichkeit, zwischen verschiedenen Aufgaben und unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden zu wählen. Das Ziel dabei ist es, Herausforderungen zu bewältigen.
  • Levels: Schülerinnen und Schüler sammeln Punkte, um ins nächste Level aufzusteigen. Dies soll die Lernenden animieren, andere nachzuahmen und Fortschritte zu erzielen.
  • Fortschritt: Durch die grafische oder numerische Darstellungen des eigenen Lernfortschrittes kann ein Gefühl der Kompetenz vermittelt werden.
  • Ranglisten: Die Lernenden sammeln Punkte für erledigte Aufgaben und können dadurch in der Rangliste aufsteigen. Dieser direkte Wettbewerb kann die Motivation steigern.


Konkrete Beispiele für den Einsatz von Gamification im Unterricht

Digitale Medien erleichtern die fächerübergreifende Integration von Gamification. Lehrpersonen können dabei auf zahlreiche Apps zurückgreifen, um Lerninhalte auf spielerische und abwechslungsreiche Weise zu vermitteln:


1. Quiz-Apps und Lernspiele

Tools wie Kahoot oder Quizlet bieten interaktive Lernumgebungen, in denen Schülerinnen und Schüler Quizfragen zu den unterschiedlichsten Themen beantworten. 


2. Sprachen lernen mit Duolingo

Durch Apps wie Duolingo können Lernende neue Sprachen lernen. Spielerisch werden das Sprechen, Lesen, Hörverstehen und Schreiben geübt, der Wortschatz erweitert und Grammatik gelernt.


3. Virtuelle Escape Rooms

Escape Rooms sind ideal, um Problemstellungen kreativ und kooperativ zu lösen. Die Schülerinnen und Schüler müssen Rätsel knacken, um im Spiel voranzukommen. Genutzt werden kann dafür beispielsweise die Plattform Breakout EDU.


4. Projektarbeit mit Storytelling

Beim Storytelling kreieren die Lernenden zum Beispiel eigene Avatare und tauchen in erzählerische Welten ein, um Lerninhalte spielerisch zu erarbeiten. Dabei unterstützen Apps wie Knietzsches Werkstatt.


5. Minecraft Education

Die beliebte Plattform Minecraft, das momentan meist gespielte Game unter den Jugendlichen, kann für kreative Projekte wie die Nachbildung historischer Ereignisse oder die Lösung mathematischer Aufgaben verwendet werden.

Die Freude am Spiel als Schlüssel zum Lernerfolg

Ein Grossteil der Jugendlichen spielt intrinsisch motiviert und leidenschaftlich gerne. Die Freude am Spiel selbst und die Aussicht auf Erfolg sind dabei starke Antriebe. Dieses Potenzial kann auch im schulischen Unterricht genutzt werden, um Lerninhalte ansprechend und nachhaltig zu vermitteln. Gamification bietet also eine Möglichkeit, den Unterricht an die Lebenswelt der Jugendlichen anzupassen und ihre Entwicklung auf positive Weise zu fördern.

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